Historisch-philologischer Kommentar zur Chronik des Johannes Malalas
Historisch-philologischer Kommentar zur Chronik des Johannes Malalas
Im 6. Jahrhundert n. Chr. verfasste Johannes Malalas eine
‚Weltchronik‘ – eine Darstellung der Geschichte von Adam bis in seine
eigene Zeit. Über den Autor selbst, der außerhalb seiner Chronik keine
Spuren hinterlassen hat, wissen wir nicht viel: Er muss in der höheren
Provinzialverwaltung mit Sitz in Antiochia (h. Antakya, Türkei)
gearbeitet haben, denn er hat ausgiebig das dort gelagerte
Archivmaterial benutzen können. In den 530er Jahren scheint er in die
Hauptstadt des Oströmischen Reiches, nach Konstantinopel, umgesiedelt zu
sein, denn der Fokus seiner Chronik wechselt plötzlich von Antiochia
auf die Bosporus-Metropole. In der ursprünglichen (nicht erhaltenen)
Fassung reichte die Chronik wohl bis zum Tod des Kaisers Justinian (565
n. Chr.), die heute vorliegende Version bricht wenige Monate davor ab.
Die ‚Weltchronik‘des Malalas besitzt herausragende Bedeutung für die
spätere mittelalterliche Geschichtsschreibung: Nachfolgende
byzantinische Chronisten haben sich nicht nur an ihrem Aufbau
orientiert, sondern auch vielfach Teile des Textes übernommen und weiter
ausgearbeitet, so dass Malalas‘ Werk letztlich einen Grundpfeiler der
byzantinischen Historiographie darstellt. Die Chronik, die in ihren
ersten Büchern biblische Geschichte bietet, in die historische und
mythologische Überlieferungen der Antike hineingewoben sind, behandelt
nach der römischen Königszeit, der Geschichte Alexanders und seiner
Nachfolger und der Herrschaft des Augustus in zunehmender
Ausführlichkeit die römische Kaiserzeit mit einem Schwerpunkt auf den
Jahrzehnten, die der Autor selbst erlebt hat, d.h. die Regierungszeiten
der Kaiser Anastasios (491–518), Justin I. (518–527) und Justinian
(527–565). Gerade für das 6. Jahrhundert stellt dieses Geschichtswerk
somit ein grundlegendes Quellendokument dar, aber auch für die älteren
Perioden bietet es wichtige Informationen.
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